

sich zu dieser Zeit hier ab: 1899 beantragte die Arbeiterschaft beim Spin-
ner- und Fabrikanten-Verein Crimmitschau die Herabsetzung der tägli-
chen Arbeitszeit von 12 auf 10 Stunden. Als dies 1901/02 in Meerane und
Forst/Lausitz erreicht war, die Crimmitschauer Fabrikanten aber weiter
ablehnten, kam es zu einem gewaltigen Arbeitskampf, der 1903 in der
Aufforderung des Fabrikantenverbandes an seine Mitglieder gipfelte,
sämtlichen Arbeitern zu kündigen. Dies zu tun weigerte sich die Tricota-
gen-Fabrik, die ohnehin nur 10 Stunden/Tag arbeiten ließ, woraufhin ihr
der Verband eine Klage wegen nicht statutengerechten Verhaltens an-
drohte. Im August/September werden 7.000 Arbeiter gekündigt, es
kommt zu Streiks und Massenaussperrungen, Clara Zetkin ruft im Odeum
zur (tatsächlich dann europaweiten) Unterstützung der Streikenden auf.
Am 10.12.1903 hält August Bebel zum Crimmitschauer Streik und der Be-
hördenwillkür eine große Rede im Reichstag. So hat der Große Streik un-
geahnte Folgen: Zwar brach er am 17.1.1904 zusammen, doch im Ergeb-
nis sah sich die Reichsregierung veranlaßt, die Arbeitszeit gesetzlich zu
regeln. Das entsprechende Gesetz trat am 1.1.1908 in Kraft. 1925 sind
von 27.000 Einwohnern in Crimmitschau immer noch 12.000 in der Textil-
industrie beschäftigt. Ihr fortschrittliches Verhalten im Streik nützte der Tri-
kotagenfabrik (Betrieb: Leitelshain, Amselstr. 19) später nichts: Nach 1945
wie fast alle anderen Betriebe der Stadt auch in Volkseigentum überführt.
N
Los 1271
Ausruf 90 €
Danziger Hypotheken Verein
Danzig, 3,5 % Pfandbrief 200 Mark 17.1.1890
(R 10) VF+. #612. (47)
Die Stadt Danzig wurde über Jahrhunderte von deutscher Kultur und
deutschem Kommerz geprägt. Die Organisation der Kreditwirtschaft ent-
sprach im wesentlichen den in Deutschland üblichen Strukturen. So wur-
de als Selbsthilfe-Einrichtung Danziger Hausbesitzer auch 1882 der Dan-
ziger Hypotheken-Verein gegründet. Die Herauslösung aus dem deut-
schen Reich verschaffte 1920 dem quasi eigenstaatlichen (dem Völker-
bund unterstellten) Danzig eine einzigartige Stellung im östlichen Wirt-
schaftsraum. Viele ausländische Banken errichteten Filialen, zugleich wur-
de Danzig das Dorado osteuropäischer Wechselstubenbesitzer und zähl-
te 1922 rd. 350 Firmen, die sich mit Bank- und Devisengeschäften befaß-
ten. Bis zur “Wiedereingliederung” in das Deutsche Reich war die Zahl
schon auf 50 geschrumpft, danach wurde weiter zentralisiert. So mussten
auch die Danziger Hypothekenbank AG, die Staatsbank der Freien Stadt
Danzig und der Danziger Hypotheken-Verein i.L. den größten Teil ihres
Geschäftsbetriebes an die neu gegründete “Landesbank und Girozentra-
le Danzig-Westpreußen” abgeben.
Los 1272
Ausruf 90 €
Danziger Hypotheken Verein
Danzig, 4 % Pfandbrief 1.000 Mark 27.1.1891
(R 10) EF-VF. #2580. (47)
N
Los 1273
Ausruf 120 €
Danziger Verpackungsindustrie AG
Danzig, Aktie 100 RM Juli 1942 (Auflage
nur 60
Stück
, R 8) EF #56. (20)
Gründung 1922 zwecks Verarbeitung von Papier, Pappe und sonstigen
Materialien zur Herstellung von Verpackungsmitteln. Haupterzeugnisse
der Fabrik in der Weidengasse 35-38 waren Kartonnagen, Tüten und Beu-
tel sowie Wellpappe, die im Anilin-, Buch- oder Offsetdruck bedruckt wer-
den konnten.
Los 1274
Ausruf 60 €
Deutsch-Amerikanische Schmirgelwerke AG
Berlin, Aktie 20 RM 23.12.1924 (Auflage 6000,
R 8) EF. #787. (73)
Nur 18 Stück lagen im Reichsbankschatz.
Gründung am 23.11.1921. Herstellung und Vertrieb aller der Schleif- und
Malindustrie dienenden Erzeugnisse. Spezialgebiet war die Herstellung
zahnärztlicher Schleifartikel aus grünem Carborundum (25% der Gesamt-
produktion). 1928 in Liquidation.
N
Los 1275
Ausruf 150 €
Deutsche Gasgesellschaft AG
Berlin, 4,5 % Teilschuldv. 5.000 Mark Juli 1919
(Auflage 2500, R 9) EF. #25239. (41)
Schöner Sicherheitsdruck mit Originalunterschriften.
Nur 7 Stück lagen im Reichsbankschatz.
Bereits 1825 erhielt die britische Imperial Continental Gas Association die
Konzession, die Straßen der preußischen und später gesamtdeutschen
Hauptstadt Berlin zu beleuchten. Nach Bau der ersten Gaserleuchtungs-
anstalt in der Gitschiner Straße brannten 1826 erstmals Gaslaternen in der
Straße Unter den Linden bis zur Schlossbrücke. 1847 nahmen die Städti-
schen Gaswerke die Produktion auf, da der Konzessionsvertrag mit der
ICGA der Stadt Berlin ab diesem Jahr das Recht einräumte, die öffentli-
che Beleuchtung selbst zu übernehmen. Daraus entstand 1912 die “Städ-
tische Gaswerke AG”, damals der größte Gasversorger in ganz Europa
(nach Gründung von Gross-Berlin 1923 neu gegründet als Städtische
Gaswerke AG - Gasag, 1937 in einen Eigenbetrieb der Stadt umgewan-
delt). In den Berlin umgebenden Städten und Gemeinden (Gross-Berlin
entstand bekanntlich erst 1920) blieb die ICGA aber weiter tätig. 1918 ü-
bernahm die “Deutsche Gasgesellschaft AG” (gegründet 1899 als Gas-
werk Grünau (Mark) AG und 1918 entsprechend umfirmiert) den größten
Teil der Grossberliner Gasversorgungsaktivitäten vom Liquidator der Im-
perial Continental Gas Ass. zum Preis von 75,45 Mio. Mark, nachdem der
1. Weltkrieg das Verhältnis zum (als Feindvermögen behandelten) Kon-
zessionsnehmer irreparabel gestört hatte. Aktionäre der Deutschen Gas-
gesellschaft waren die Kreise Teltow und Niederbarnim sowie die Städte
Schöneberg und Wilmersdorf, die als industriellen Partner die Deutsche
Continental-Gas-Gesellschaft, Dessau, mit einem Minderheitsanteil mit an
Bord nahmen. Zu den von der ICGA übernommenen Gaswerken Marien-
dorf, Schöneberg, Gitschiner Straße, Holzmarktstraße und Grünau wurde
noch das Gaswerk Hohenschönhausen hinzuerworben. Auch nach dem
Entstehen von Gross-Berlin blieb die Deutsche Gasgesellschaft in ihrem
Konzessionsgebiet unabhängig von der Gasag weiter tätig. Das lag auch
daran, daß der Betrieb ihrer Gaswerke von Anfang an mit einer Laufzeit bis
1969 der Gasbetriebsgesellschaft AG in Berlin-Mariendorf übertragen war,
deren Aktien zu 2/3 die Contigas besaß. Nur die Aktionärsstruktur der Dt.
Gasgesellschaft änderte sich: 45 % besaß jetzt die Stadt Berlin, je rd. 27
% der Kreis Teltow und die Contigas. Erst 1940 waren sämtliche Aktien
auf die Stadt Berlin übergegangen und die Deutsche Gasgesellschaft wur-
de in den städtischen Eigenbetrieb Gasag eingegliedert. Nach der Teilung
von Berlin gingen der westliche (GASAG) und der östliche (zuletzt Berliner
Erdgas AG) Teil wieder getrennte Wege, ehe sie nach der Wende 1993 er-
neut zusammengeführt wurden.
N
Los 1276
Ausruf 100 €
Deutsche Hypothekenbank
Meiningen, Aktie 6.000 Mark 15.1.1923 (Auflage
6480, R 8) EF-. #96319. (27)
Für eine Aktie dieser Zeit eher ungewöhnliches gro-
ßes Hochformat.
Gründung 1862 in Meiningen als zweitälteste reine Hypothekenbank
Deutschlands. Sitzverlegungen 1938 nach Weimar, 1948 nach Bremen,
1989 nach Frankfurt a.M. 1972 Aufnahme der Sächsischen Bodencredit-
anstalt. Auf Betreiben des letzten Großaktionärs (Dresdner Bank) 1990 mit
der “Pfälzischen Hypothekenbank” verschmolzen, 2001 bei der Fusion
der Hypothekenbank-Töchter der Frankfurter Großbanken schließlich in
der Euro-Hypo aufgegangen.
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Los 1268
Los 1292
Informationen zum
Seltenheits-Schlüssel
(R1 bis R12) finden Sie
im Vorwort auf Seite 1